bilingual/zweisprachig

Thursday, March 21, 2024

Can: Live in Paris 1973

 

 

Nach gleichartigen Veröffentlichungen aus Stuttgart, Brighton und Cuxhaven mit Can in Viererbesetzung, die aus der zweiten Hälfte der 1970er Jahre stammen, kommt hier nun ein Livemitschnitt von 1973 -- zu fünft, denn dies war einer von Damo Suzukis letzten Auftritten mit Can.

Wie schon die anderen drei Alben basiert auch Live in Paris 1973 auf ursprünglich illegal mitgeschnittenen Bootlegs, die von Fans zur Verfügung gestellt und von Irmin Schmidt und René Tinner sorgfältig restauriert und optimiert wurden. Die Tonqualität ist verblüffend gut; zu bemängeln wäre höchstens, dass die Aufnahmen in mono sind, aber das kann angesichts ihrer Quellen nicht anders sein. Man vergisst das beim Hören sehr schnell.

Wenn es um Liveaufnahmen von Can geht, ist oft Vorsicht angesagt. Denn über weite Strecken wurde auf der Bühne improvisiert, und bis die Band ihren Stiefel gefunden hatte, das konnte dauern. Wenn sie ihn dann aber hatte, dann konnte pure Magie passieren. Und das ist auf dieser Platte eingefangen.

Gleich der erste Track mit einer Spieldauer von 36 Minuten ist ein Erlebnis. Aus dem, was die fünf hier fast beiläufig präsentieren, hätten andere Bands drei komplette LPs gemacht, bei Can dienen die Ideen einfach nur dazu, weiterentwickelt zu werden. Es ist wie Fahrradfahren: Wer stehenbleibt, fällt um. Die Magie Cans beruht nicht zuletzt darauf, dass jede noch so verrückt scheinende Idee, jede Phrase, jede Floskel, die einem der Musiker einfällt, mit Sicherheit von einem der anderen aufgenommen und weitergesponnen wird. Immer konnte sich jeder darauf verlassen, dass keiner der anderen etwa "He, was soll denn das jetzt?" sagen würde, sondern der Ball wurde weitergekickt. Dabei mussten keineswegs immer alle gleichzeitig spielen; Zuhören und Abwarten konnte genauso ein Beitrag zum Gesamtergebnis sein. Dieser Track Eins zeigt das mustergültig. Michael Karoli an der Gitarre hört man hier mit einem Höhenflug, wie man ihn selbst bei ihm selten erlebt hat.

Die anderen vier Tracks sind kürzer und -- was bei Can-Konzerten keineswegs selbstverständlich war -- beruhen auf sofort erkennbaren Tracks der Studioalben bzw. der B-Seite der "Spoon"-Single; "Shikako Maru Ten" hieß das Stück, eine ausgedehnte Impro-Version von "Spoon" gibt es dann als Track Drei. Lediglich den Ursprung des Tracks Vier kann ich nicht unterbringen, obwohl er mir vertraut vorkommt; der auf die Dauer ein wenig zerfahren wirkende Track Fünf hat dann eindeutig "Vitamin C" zur Grundlage. Dass dieser Track nach 13 Minuten plötzlich abreißt, zeigt die Herkunft des Mitschnitts: Offenkundig war da bei dem bootleggenden Fan die Cassette zu Ende. Da hätte man vielleicht auch ein Fadeout einsetzen können, aber man hat sich dafür entschieden, den Hörer aus der Kurve fliegen zu lassen. Hat auch seinen Reiz.

Von den bisher erschienenen Alben der "Live"-Reihe ist Live in Paris 1973 ganz sicher das stärkste. Einmal mehr wird wieder deutlich, weshalb Can musikalisch so gut wie unangreifbar war.

Saturday, March 9, 2024

Wüste

 

 

Zwei offenbar in Stein gehauene Gesetze des Filmgeschäfts trage ich seit Urzeiten mit mir herum:

  1. Teil 2 ist immer schlechter als Teil 1.
  2. Was ein Film über zwei Stunden dauert, ist zu viel.

Beides hat sich gestern in Pittsburghs "Manor" wieder einmal bestätigt; ich kann's nicht ändern. Ich gestehe, vor allem deshalb ins Kino gegangen zu sein, weil ich als bekennender Hans-Zimmer-Fan in erster Linie seine Musik zu Dune: Part Two in voller Multikanal-Pracht im Kino hören wollte. Zudem habe ich Dune: Part One durchaus gern gesehen. Der hatte seine Logik und war auch optisch ansprechend.

Seinerzeit beim ersten Dune-Film kannte ich die Musik schon, bevor ich den Film gesehen habe, und ich konnte nicht recht etwas mit ihr anfangen. Das änderte sich erst, nachdem ich den Film sah. Zimmers Musik gehört, gerade mit ihren fremdartigen, zum Teil verstörenden Sounds, zu seinen stärksten Werken der letzten Jahre. Aber ich musste den Film sehen, um sie zu verstehen. Nun gut, das ist ja auch eigentlich die Aufgabe eines Soundtracks; er ist ja ursprünglich nicht für die Wiedergabe ohne den Film gedacht. Dass Zimmer gern mal Musik und Sounddesign miteinander mischt, kennt man spätestens seit Inception, und auch hier machte er davon sehr effektiven Gebrauch.

Zimmers Musik zu Dune: Part Two ist noch stärker verwoben mit dem gesamten Sounddesign des Films als im ersten Teil, wenngleich bestimmte, sofort wiedererkennbare Schlüsselklänge und -motive wieder auftauchen. Trotzdem wirkt sie weniger eindrucksvoll, sondern eher wie eine über den Film gespannte Kopie.

Der Film selbst ist natürlich -- das weiß man eigentlich vorher -- eine Sauce aus verquaster Mystik, gemixt mit Elementen aus Mantel-und-Degen-Filmen, Sandalenfilmen und Zukunftsschmonzetten. Frank Herberts Roman gibt es so vor, wobei das Verblüffende ist, wie hochentwickelte Technologie verquickt wird mit seltsam archaisch anmutenden Schwerter- und Dolchkampfszenen und anderen seltsamen Ritualen, die von den Darstellern mit einem Ernst zelebriert werden, dass man fast schon schmuzeln möchte. Auch mit kriegerischen, lautstark donnernden Massenaufmärschen ist der Film überfrachtet.

Ich kann mich erinnern, dass ich den Roman Anfang der 1980er gelesen habe und er mich schon damals nicht überzeugt hat. Wenn ich das laut sagte, wurde mir oft entgegengebracht: "Ja, aber da sind ja auch die ökologischen Anhänge, und die sind doch nun aber wirklich ..." Nein, sind sie nicht. Auch damals schon war jeder Gartenratgeber gehaltvoller.

166 Minuten also ständiger Krawall und pathetische Dialoge. Meine Tasse Tee ist schon das nicht, und dazu dann noch die latent irre Lautstärke, die sich in heutigen Kinos offenbar eingebürgert hat. Und wenn dieses ganze Getue dann, womit Regel 2 ins Spiel kommt, einfach nicht enden will; wenn sich eine Szene an die andere hängt, ohne dass die Geschichte nennenswert vorankommt, dann kommt ein Punkt, an dem ich mich dabei ertappe, wie meine Gedanken davonfliegen und zum Beispiel an den Herrn der Ringe andocken, oder an die Harry-Potter-Filme. Zumal Dune; Part Two dann, ich hoffe, man kann das ohne zu spoilern sagen, mit einem (noch dazu voraussehbaren) Cliffhanger endet.

Wenn ein Regisseur seine Story nicht in zwei Stunden unterbringen kann, dann hat er sie einfach nicht hinreichend durchdacht. Dabei bleibe ich.

Soviel zu Dune: Part Two.

 

(Zuerst veröffentlicht in flowworker)


Wednesday, March 6, 2024

Time is running

 

The much-valued Kronos Quartet of San Francisco, which I recently had the pleasure to see live on stage, opens up a new chapter. There's no way to call it anything else, as two of the quartet's long-time members, John Sherba (violin) and Hank Dutt (viola) announced their retirement after more than 45 years. All the best to you, guys!

Changes in the quartet's line-up happened from time to time; Kronos had a couple of cellists. The latest newcomer on the cello was Paul Wiancko. John Sherba and Hank Dutt will be replaced by violinist Gabriela Diaz and violist Ayane Kozasa; the only remaining "original" member will be Kronos' founder and artistic director, David Harrington.

Kronos will not be the same anymore, but I'm sure the spirit will remain.

Friday, March 1, 2024

Jan R. in den "Elektro Beats"

Mit den 1986 gestarteten Vorgänger-Sendungen „electronics“ und „Himmel & Erde“ sind die Elektro Beats die wohl profilierteste und dienstälteste Elektronik-Sendung im deutschsprachigen Raum. Jeden Sonntag präsentiert Olaf Zimmermann aktuelle Elektronik -Sounds, gut gemixt mit Klassikern, CD- und Konzert-Tipps und Studiogästen. Kraftwerks legendäres Album „Autobahn“ feiert 2024 Jubiläum, und da darf natürlich weder die Musik noch Jan Reetzes Buch darüber fehlen.

Am 3. März, zwischen 21 und 23 Uhr, spricht Olaf Zimmermann in einem  „elektro beats“- Special (radio eins, rbb) mit dem Autor, der seit 16 Jahren in Pittsburgh lebt, über Inhalt und Details seines Buchs und spielt diverse Fassungen der Titel des „Autobahn“- Albums und originelle Coverversionen.

Der Link zum Live-Hören: HIER

Der Link zum Nachhören: HIER

Aus diesem Anlass unternahm flowworker zwei Zeitreisen in den letzten Tagen, in jene Zeit: Musikjournalist und Musiker Michael F. erinnert sich an frühe Kraftwerk-Konzerte. Michael E. stellt seine 20 Lieblingsalben aus jenem Jahr 1974 vor.

 

(Post übernommen aus flowworker)

Monday, February 26, 2024

Unseen

 

 

Gemessen an dem Geklingel, das um diese Ausstellung im Andy Warhol Museum veranstaltet wurde, war das Resultat dann doch eher ernüchternd.

Das Warhol Museum ist nach eigener Aussage das größte einem Einzelkünstler gewidmete Museum weltweit. Der Bestand an Werken dürfte inzwischen unbezahlbar sein. Klar, dass der Platz selbst in diesem Gebäude nicht ausreicht, um Warhols Werk komplett zu dokumentieren. Die Museumscrew gibt sich viel Mühe, in wechselnde Ausstellungen immer wieder Werke einzubauen, die man auch als regelmäßiger Besucher noch nicht gesehen hat.

Letztes Jahr ist man deshalb auf die Idee gekommen, durchs Depot zu gehen und eine Auswahl von Werken zusammenzustellen, die noch nie ausgestellt wurden.

 


 

Das Ganze nimmt jetzt etwas mehr als eine halbe Etage ein und ist chronologisch von den 1960ern bis in die 1980er Jahre zusammengestellt -- Siebdrucke, Portraits (u.a. drei Beuys-Portraits mit Diamantstaub), Zeichnungen, Werbegrafik, Erotik. Einige dieser letzteren Drucke wurden unter anderem aufgrund ihrer sexuellen Drastik bislang nicht gezeigt und sind etwas verschämt in einem Raum ausgestellt, der von außen nicht einsehbar ist -- albern und unnütz, denn inzwischen regen wohl auch sie niemanden mehr ernsthaft auf.

Dazwischen findet sich einiges Sehenswertes, aber auch Material, das eher unfertig wirkt und die Frage aufwirft, weshalb es überhaupt ausgestellt wurde.

 


 

Wirklich überzeugend ist die ganze Ausstellung nicht. Mein Tipp trotzdem: Die "Unseen"-Idee wird weiterverfolgt werden. Mit Sicherheit ist noch jede Menge Material vorhanden. Wenn das dann allerdings nicht interessanter ist als die hier jetzt zu sehenden Werke, dann könnte man die Werke von mir

Monday, February 5, 2024

Jetzt beim Buchhändler Ihres Vertrauens ...

 

 

... oder direkt beim Verlag:

Die Geschichte von Kraftwerks „Autobahn“

Auch wenn sich manche nur an den eingängigen Refrain „Wir fahr‘n, fahr‘n, fahr‘n auf der Autobahn“ erinnern mögen, so war das Album im Jahre 1974 ein klarer Bruch mit der damaligen deutschen Musik und geradezu revolutionär.

Pünktlich zum Jubiläum widmet Jan Reetze dieser wegweisenden Platte nun ein ganzes Buch und nimmt uns mit auf eine Reise durch die Geschichte des Albums.

 

Thursday, January 25, 2024

Zum Nachhören

Falls jemand möchte: In den "Klanghorizonten" vom Deutschlandfunk zwischen Minute 35 und circa 45 stellt Michael Engelbrecht mein neues Buch vor. Ich bin dort auch selbst kurz zu hören. Nachzuhören hier.


Der Rest der Sendung ist aber auch sehr hörenswert.